5 Routinen

„Everybody’s got a routine“, sagt David Lynch im Interview mit Susie Pearl, „and everybody catches ideas and there’s ideas for all the different walks of life.“

Was er damit meint, ist, dass wir alle über Routinen verfügen und dass es diese Routinen für alle möglichen Bereiche des Lebens gibt. Es gibt Routinen im Familienleben, Routinen im Leben von Singles, von Busfahrern, Briefträgern, Försterinnen, im Leben von Künstlerinnen, von Kindern, Omas und Opas. Und es gibt Routinen im Leben von Schriftstellerinnen.

Hier sind fünf meiner Routinen.

1. Aufwachen und in den Tag hineinlauschen.

Den Körper spüren, atmen und noch einmal zurück in die Gegenden, die hinter meinen Augenlidern liegen. Für gar nicht lange Zeit liege ich kurz wach, halte aber noch am Moment fest, der zwischen Schlafen und Wachen liegt. Man kann es Meditation nennen, man muss es aber nicht so nennen. Im Grunde ist es ein langsames Eintauchen in den Tag und Zustand des Wachseins, ohne dabei einen Teil von mir zu überfordern oder zu vergessen.
Es gibt Menschen, die ihren Tag am besten mit einem Kickstart beginnen. Sie wachen auf und schlüpfen sofort aus dem Bett, ohne sich vorher auf der Bettkante zu sammeln. Sie legen einfach los. Wenn es für sie so funktioniert – toll! Ich kann das nicht und konnte es auch noch nie. Die Art und Weise, wie ich aufstehe, ist die, wie ich schon immer aufstehe. Ich kenne es gar nicht anders und würde eher sagen, ich habe das gemächliche Aufstehen im Laufe meines Lebens sogar noch weiter verbessert.

2. Kaffee kochen

Das Sprudeln des in den Wasserkocher hineinströmenden Wassers und das Murmeln, wenn es beginnt zu kochen. Das keramikdumpfe Klappern des Handfilters auf der Tasse. Das Abmessen des Kaffees und wie er in den Papierfilter gleitet. Und schließlich das behutsame Aufgießen. Konntest du es hören? Es hat etwas Rituelles, sich den Kaffee immer gleich zuzubereiten. Während ich das tue, kann ich schon an etwas ganz anderes denken und trotzdem schmeckt der Kaffee immer gut, weil ich ihn jedes Mal so zubereite. Es ist eine schöne, kleinschrittige Aufgabe für den Morgen.

3. Kaffee trinken und dazu…

4. Morgenseiten schreiben

„Morning Pages are three pages of longhand, stream of consciousness writing,
done first thing in the morning. There is no wrong way to do Morning Pages
they are not high art. They are not even “writing.” They are about
anything and everything that crosses your mind– and they are for your eyes
only. Morning Pages provoke, clarify, comfort, cajole, prioritize and
synchronize the day at hand. Do not over-think Morning Pages: just put
three pages of anything on the page…and then do three more pages tomorrow.“

Julia Cameron

Die Schriftstellerin Julia Cameron ist vor allem bekannt für ihr Programm „Der Weg des Künstlers“. Man lernt dort zu Beginn das Schreiben der Morgenseiten. Das sind die ersten drei Seiten des Tages, die man assoziativ handschriftlich runterschreibt, ohne den Stift abzusetzen. Kein Gedanke ist falsch auf dem Papier, auch wenn er noch so trivial wirken mag. Der Zweck dieser täglichen Übung ist es, überhaupt ins Schreiben zu kommen. Wenn man bei den Morgenseiten am Ball bleibt, blickt man nach einer Weile auf eine beachtliche Anzahl zusammengeschriebener Seiten zurück. (Und auf jede Menge tiefe Einsichten und vielversprechende Ideen.) Ohne meine Morgenseiten wäre mir sicher nicht so schnell aufgefallen, was ich mir immer wieder wünsche. Denn wenn man erstmal darauf achtet, wird ziemlich schnell ein Muster sichtbar. Wünsche, Fragen, Zweifel wiederholen sich nämlich, Papier ist geduldig. So wird sichtbar, was einen beschäftigt und wenn man die Gedanken schweifen lässt (kein Gedanke ist falsch in den Morgenseiten), präsentieren sich einem irgendwann auch Lösungswege und Antworten.

5. Den Tag planen

Ausgehend von den Morgenseiten strukturiere ich dann meinen Tag. Ich bringe meine Aufgaben, Wünsche, Termine, Deadlines und Ideen in eine Reihenfolge, priorisiere, was mir gefällt und mache eine Liste. Das ersetzt übrigens meinen Kalender, den ich so klassisch wie man ihn eben kennt, seit 2017 nicht mehr führe. Stattdessen erstelle ich mir meine Übersichten selbst, ganz so, wie es mir gefällt. Meistens kommt hier der Moment, in dem ich den Kaffee ausgetrunken habe und aufstehe, um mir einen Tee zuzubereiten. Den nehme ich dann mit an meinen Schreibtisch. Von dort aus beginne ich dann zu arbeiten. Jetzt zum Beispiel schreibe ich diesen Blog-Eintrag. Und von hier aus geht es dann weiter. Mal sehen, was der Tag noch bringt.

2 Kommentare

  1. Danke für diesen schönen Einblick in deine Routinen am Morgen.
    Deine Worte wecken in mir einmal mehr den Wunsch, meine eigenen Routinen weiter zu finden, denn bei dir klingen sie ein bisschen wie gute Freundinnen, die den Weg in den Tag bereiten.
    Besonders „das Murmeln“ des nahezu kochenden Wassers spricht mich an. Ich werde mir jetzt einen Tee machen und dem Murmeln lauschen.

    1. Liebe Valerie,
      danke für deinen so freundlichen Kommentar.
      Ich freue mich, dass meine „Normalität“ so etwas Warmherziges bei dir auslösen konnte und wünsche dir viel Freude an deinem Tee und dem Murmeln.

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