Ideen

Oft ist es für mich ein Moment wie ein Funke, in dem die Idee für eine Geschichte beginnt, zu entstehen. Meistens bin ich dabei in Bewegung. Damit meine ich nicht, dass ich Sport mache, sondern ich meine das Umherstreifen, Spazieren, Fahrrad fahren oder Aufräumen. Dann habe ich vor dem inneren Auge plötzlich das Bild einer Szene im Kopf. Zum Beispiel sehe ich, wie eine kleine rote Laus über einen moosbewachsenen Stein krabbelt. Manchmal gefällt mir das Bild so gut, dass ich es unbedingt in einer Geschichte unterbringen möchte. Einfach deswegen, weil ich es mir gerne vorstelle und ich finde, dass das Rot der Laus gut auf dem grünen Moos aussehen würde.

Oder ich habe Lust auf eine Stimmung. Ich wünsche mir dann etwa ein unheimliches Gefühl, aber in einem sicheren Rahmen; also einen positiven Grusel (Das ist etwas, was besonders Kinder gerne erleben. Märchen sind voll davon). Dann frage ich mich in einem nächsten Schritt, wie dieser Rahmen wohl aussehen und was das unheimliche Gefühl auslösen könnte. In diesem Fall war also meine Freude an der Stimmung zuerst da und die Bilder mussten folgen.

Wichtig ist in jedem Fall, dass ich die Idee aufschreibe oder aufnehme. Zu schnell denkt man, man würde sich die Idee merken, aber so ist es leider in den meisten Fällen nicht und man vergisst sie. Ein schreckliches Gefühl. Es ist also wichtig, den Funken zu erhalten, damit er nicht erlischt. Ich habe darum überall Stifte und Papier herumliegen. In allen möglichen Schubladen, auf Tischen, Fensterbänken, in Taschen und Rucksäcken. Für manche Ideen brauche ich auch ein Diktiergerät, davon steht eines im Schreibzimmer in greifbarer Nähe und eines wandert von Ort zu Ort, von Jackentasche zu Schublade und wieder zurück.

Es ist gut, einen Ort für Ideen zu haben, seien sie auch noch so klein oder absurd. Manchmal, wenn ich etwas mehr Zeit habe, mich bewusst mit meinen Ideen zu beschäftigen, nehme ich mein Ideenbuch zur Hand. Auf jeder Seite habe ich eine Kategorie erföffnet. Dann steht da zum Beispiel Kreativität, Beruf, Gesundheit, Freundschaften. Und darunter ist sehr viel Platz, eine ganze Seite. Und dann beginne ich, aufzuschreiben, was ich mir für diese Bereiche vornehme und wünsche, also welche Ideen ich habe. Vieles davon scheint noch sehr weit weg zu sein, aber vieles kann ich auch sofort, diese Woche oder im nächsten Jahr realisieren. Es hilft mir, auf Kurs zu bleiben und mich hin und wieder zu vergewissern, was ich vorhabe.

Kurz und bündig: Ideen passieren und dann ist es ratsam, sie aufzuschreiben und irgendwo festzuhalten. Manchmal ergibt sich aus einer Idee sofort ein Gedicht oder ein erster Entwurf für eine Kurzgeschichte. Manchmal ruht sie aber auch noch eine Weile und ich vergesse sie sogar. Aber weil sie aufgeschrieben steht, kann ich immer wieder zu ihr zurückfinden. Und dann passt sie manchmal perfekt zu einer anderen Idee und ich kann sie für etwas verwenden, wohin sie schon immer zu gehören schien.

Wer mich zur Zeit inspiriert

Texte entstehen nicht im luftleeren Raum. Schnell kann man den Eindruck erhalten, Schriftsteller:innen würden sich selbst genügend wie Einsiedlerkrebse vor sich hin laborieren, die kreativen Gedanken sprudelten aus ihnen hervor und am Ende haben sie ein Werk erschaffen, das allein aus ihrem, in einsamer Arbeit aufgebautem, Repertoire stammt.

Doch fragt einmal eine Schriftstellerin nach ihrer Heldin, nach einem Vorbild, nach dem Buch, dem Song oder Film, der sie zuletzt inspiriert hat. Ihr werdet sicher eine umfassende Antwort erhalten. Denn oft ist das Werk des anderen auch eine Inspiraton für jemanden. Und schließlich heißt es auch: Wenn du schreiben möchtest, dann lies vor allem mehr, als du schreibst.
Einer der herzerwärmendsten Momente ist für mich oft jener, wenn kreative Menschen positiv über andere kreative Menschen sprechen. Also möchte ich das hier tun. Vielleicht habt ihr daran genau so eine Freude wie ich.

Wer mich zur Zeit inspiriert und warum

Die Schriftstellerin Thekla Kraußeneck
Thekla ist eine gute Freundin von mir und darüber hinaus eine hervorragende Kollegin. Sie beherrscht das, was ich kollegiale Beratung nenne. Sie baut aktiv Brücken zwischen Autor:innen und Verlagen, sie unterhält sich gerne und konzentriert mit ihren Leser:innen. Sie weiß, was Schreiben im Alltag bedeutet und weiß es als ein Handwerk zu werten.
Wenn wir uns miteinander unterhalten, dann fallen Sätze wie ‚Entweder man schreibt, oder man hört auf zu atmen‘ und das ist gar nicht dramatisch gemeint, sondern lebenspraktisch. Denn Thekla weiß, dass der Wunsch, vom Schreiben leben zu wollen, existenziell ist.
Ich bin sehr dankbar, sie meine Freundin nennen zu dürfen. Sie hat mir schon zig Mal helfen können, bei kleinen und bei großen Fragen. Manchmal beantwortet sie mir sogar Fragen, von denen ich noch gar nichts wusste.
Sie schreibt Romane und Reihen, sie hat einen coolen Blog, ist auf Twitter und ab von alledem immer für mich da. Sie ist eine große Inspiration für mich, sowohl fachlich als auch zwischenmenschlich.

Die Schriftstellerin Ina Steg
Ina schreibt Romane, Kurzgeschichten, Tweets, Interviews und Theaterstücke und ich habe das große Glück, mit ihr befreundet zu sein. Sie ist mein Amadeus zur Sabrina, meine Bibi zum Kartoffelbrei, mein Otto zum Benjamin. Ich kann mit ihr spielen und Gedanken verwirbeln, Neues ausprobieren, mutig sein, aber auch leise und vorsichtig flüstern. Sie ist immer da und immer nah; bei sich und anderen.
Ihre Texte vom Fuchs und der Krähe berühren mich immer wieder aufs Neue, nehmen mich mit in eine andere Welt und die unterscheidet sich gar nicht so sehr von der, in der Ina unterwegs ist, finde ich. Wenn ich mit ihr spreche, dann ist es wie Urlaub von allem haben, was mich ablenkt. Sie leitet meinen Blick und mein Gefühl, sie überrascht mich mit ihren immer wieder aufregenden Ideen und mutigen Entscheidungen.
Und ihre Liebesgeschichten erst!

Anja, Jennifer, Julia, Katharina und Sonja: Die Gang
Es begann im Herbst 2020, Katharina war danach, eine Twitter-Ratsch-Runde (wie eine Mischung aus Rat und Tratsch) ins Leben zu rufen und sie hat es eingerichtet. Einfach so und seitdem läuft es. Einmal in der Woche treffen wir uns online und reden über alles, wonach uns der Sinn steht.
Manchmal lesen wir uns aus aktuellen Projekten vor. Manchmal teilen wir Wünsche und Geheimnisse miteinander. Es tut mir sehr gut, so einen Ort zu haben, an dem ich in dieser herausfordernden Corona-Zeit drauflos reden oder ruhig schweigen und zuhören kann. Denn die Freundinnen haben viel zu erzählen. Kein Wunder, ihre Berufe sind sehr vielfältig und ihre Bücher, Texte, Poesie, Hobbies und Zukunftsvisionen ein riesengroßer Pool an Themen.
Ich muss zugeben: Manchmal habe ich an dem Abend, ganz kurz bevor wir uns treffen, keine Lust, weil ich viel zu erschöpft vom Tag bin. Aber dann sitzte ich doch mit ihnen bis um halb elf zusammen und ich muss mich daran erinnern, auch noch mal schlafen zu müssen.
An dieser Stelle spüre ich, dass ich einen Beitrag über jede von ihnen schreiben könnte. Vielleicht mache ich das irgendwann.

Wer inspiriert euch zur Zeit? Wer motiviert euch dazu, weiterzumachen, Neues zu beginnen, Projekte zu beenden und die Freude am Tun nicht zu verlieren?

5 Routinen

„Everybody’s got a routine“, sagt David Lynch im Interview mit Susie Pearl, „and everybody catches ideas and there’s ideas for all the different walks of life.“

Was er damit meint, ist, dass wir alle über Routinen verfügen und dass es diese Routinen für alle möglichen Bereiche des Lebens gibt. Es gibt Routinen im Familienleben, Routinen im Leben von Singles, von Busfahrern, Briefträgern, Försterinnen, im Leben von Künstlerinnen, von Kindern, Omas und Opas. Und es gibt Routinen im Leben von Schriftstellerinnen.

Hier sind fünf meiner Routinen.

1. Aufwachen und in den Tag hineinlauschen.

Den Körper spüren, atmen und noch einmal zurück in die Gegenden, die hinter meinen Augenlidern liegen. Für gar nicht lange Zeit liege ich kurz wach, halte aber noch am Moment fest, der zwischen Schlafen und Wachen liegt. Man kann es Meditation nennen, man muss es aber nicht so nennen. Im Grunde ist es ein langsames Eintauchen in den Tag und Zustand des Wachseins, ohne dabei einen Teil von mir zu überfordern oder zu vergessen.
Es gibt Menschen, die ihren Tag am besten mit einem Kickstart beginnen. Sie wachen auf und schlüpfen sofort aus dem Bett, ohne sich vorher auf der Bettkante zu sammeln. Sie legen einfach los. Wenn es für sie so funktioniert – toll! Ich kann das nicht und konnte es auch noch nie. Die Art und Weise, wie ich aufstehe, ist die, wie ich schon immer aufstehe. Ich kenne es gar nicht anders und würde eher sagen, ich habe das gemächliche Aufstehen im Laufe meines Lebens sogar noch weiter verbessert.

2. Kaffee kochen

Das Sprudeln des in den Wasserkocher hineinströmenden Wassers und das Murmeln, wenn es beginnt zu kochen. Das keramikdumpfe Klappern des Handfilters auf der Tasse. Das Abmessen des Kaffees und wie er in den Papierfilter gleitet. Und schließlich das behutsame Aufgießen. Konntest du es hören? Es hat etwas Rituelles, sich den Kaffee immer gleich zuzubereiten. Während ich das tue, kann ich schon an etwas ganz anderes denken und trotzdem schmeckt der Kaffee immer gut, weil ich ihn jedes Mal so zubereite. Es ist eine schöne, kleinschrittige Aufgabe für den Morgen.

3. Kaffee trinken und dazu…

4. Morgenseiten schreiben

„Morning Pages are three pages of longhand, stream of consciousness writing,
done first thing in the morning. There is no wrong way to do Morning Pages
they are not high art. They are not even “writing.” They are about
anything and everything that crosses your mind– and they are for your eyes
only. Morning Pages provoke, clarify, comfort, cajole, prioritize and
synchronize the day at hand. Do not over-think Morning Pages: just put
three pages of anything on the page…and then do three more pages tomorrow.“

Julia Cameron

Die Schriftstellerin Julia Cameron ist vor allem bekannt für ihr Programm „Der Weg des Künstlers“. Man lernt dort zu Beginn das Schreiben der Morgenseiten. Das sind die ersten drei Seiten des Tages, die man assoziativ handschriftlich runterschreibt, ohne den Stift abzusetzen. Kein Gedanke ist falsch auf dem Papier, auch wenn er noch so trivial wirken mag. Der Zweck dieser täglichen Übung ist es, überhaupt ins Schreiben zu kommen. Wenn man bei den Morgenseiten am Ball bleibt, blickt man nach einer Weile auf eine beachtliche Anzahl zusammengeschriebener Seiten zurück. (Und auf jede Menge tiefe Einsichten und vielversprechende Ideen.) Ohne meine Morgenseiten wäre mir sicher nicht so schnell aufgefallen, was ich mir immer wieder wünsche. Denn wenn man erstmal darauf achtet, wird ziemlich schnell ein Muster sichtbar. Wünsche, Fragen, Zweifel wiederholen sich nämlich, Papier ist geduldig. So wird sichtbar, was einen beschäftigt und wenn man die Gedanken schweifen lässt (kein Gedanke ist falsch in den Morgenseiten), präsentieren sich einem irgendwann auch Lösungswege und Antworten.

5. Den Tag planen

Ausgehend von den Morgenseiten strukturiere ich dann meinen Tag. Ich bringe meine Aufgaben, Wünsche, Termine, Deadlines und Ideen in eine Reihenfolge, priorisiere, was mir gefällt und mache eine Liste. Das ersetzt übrigens meinen Kalender, den ich so klassisch wie man ihn eben kennt, seit 2017 nicht mehr führe. Stattdessen erstelle ich mir meine Übersichten selbst, ganz so, wie es mir gefällt. Meistens kommt hier der Moment, in dem ich den Kaffee ausgetrunken habe und aufstehe, um mir einen Tee zuzubereiten. Den nehme ich dann mit an meinen Schreibtisch. Von dort aus beginne ich dann zu arbeiten. Jetzt zum Beispiel schreibe ich diesen Blog-Eintrag. Und von hier aus geht es dann weiter. Mal sehen, was der Tag noch bringt.